Das Leben ist spielerisch leicht geworden, Elfi Falcoianu, Heidelberg
Es ist nun 20 Jahre her, seitdem ich begonnen habe, als Meditationsschülerin dem spirituellen Weg Sri Chinmoys zu folgen. Geboren wurde ich in Rumänien in der Stadt Timisoara. Von Beruf bin ich Philologin und Fremdsprachensekretärin. Ich bin in einer katholischen Familie aufgewachsen, mit sonntäglichem Kirchgang der Eltern und Kinder.
Mit 14 Jahren stellte ich fest, dass etwas mit der Kirche nicht stimmte, da mein Beichtvater immer so stark nach Alkohol roch. Und kam bald zu dem Schluss: Gott gibt es nicht, was ich natürlich allen, die es hören wollten oder nicht, mitteilen musste. Unter weiter folgerte ich daraus: Wenn es Gott nicht gibt, dann bin ich auch Herrin über meine Entscheidungen und meinen Willen. Also muss ich tun können, was ich will. So hat dies aber nicht funktioniert, und mit 16 Jahren stellte ich fest, dass da eine MACHT am Werke sein muss, die mich nicht tun lässt, was ich will, wann ich will, die stärker ist als mein eigener Wille. Doch wer oder was war oder hatte diese Macht?
Also bin ich wieder zum Ursprung zurückgekehrt. Mit anderen Worten – es musste etwas geben, was mit dem "kirchlichen Gott" nichts zu tun hatte, jedoch trotzdem existiert und unser Leben lenkt. Doch was war dies, und wie fand ich dahin? Ich hatte viele Fragen und keine Antworten.
Ich möchte hier erwähnen, dass ich im kommunistischen Rumänien geboren und aufgewachsen bin und bis 1990 dort gelebt habe. Dort hatte ich keinen Zugang zur Esoterik, und allem sonst, was so selbstverständlich im Westen vorhanden war. Das heutige Internet mit der Möglichkeit zu schnellem Zugriff für alle auf ungeheuer viele Informationen existierte zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Daher versuchte ich mit Mitte 20, die Antworten auf meine vielen Fragen selbst zu finden, unterstützt von meinen sehr christlich orientierten Mann. Ich kam zu der Erkenntnis: Wenn der Mensch tatsächlich nur einmal lebt, kommt es unweigerlich zu Ungerechtigkeiten. Wir werden in so viele verschiedene Lebensverhältnisse und Lebensumstände hinein geboren: Die einen sind reich, die anderen arm, die einen gesund, die anderen krank, die einen sterben bei der Geburt, die anderen erreichen ein hohes Alter. Wenn Gott Liebe und Gerechtigkeit verkörpert, dann ist dies ein sehr großer Widerspruch. Also ergibt alles nur einen Sinn, wenn wir immer und immer wieder kommen. So weit war ich zumindest gedanklich, aber äußerlich hatte ich überhaupt keinen Anhaltspunkt. Zögerlich gab mein Mann zu, dass die ersten christlichen Patriarchen die Wiedergeburt zwar erwähnt hatten, dass dies aber im Laufe verschiedener Konzile aus den Schriften entfernt worden war. Ach so, das war natürlich Wasser auf meine Mühlen, aber noch immer nicht die erhoffte klare Antwort.
Mit 28 Jahren bekam ich eine uralte Ausgabe von Paul Bruntons Buch "Von Yogis, Magiern und Fakiren" in de Hand. Ich verschlang das Buch. Obwohl es sich wie ein orientalisches Märchen las, habe ich jedes Wort in mich aufgesogen, und das als die große Skeptikerin, die nur an das glaubte, was ihr selbst widerfuhr. Von da an veränderte sich alles recht schnell. Plötzlich bekam ich von allen Seiten spirituelle Literatur, die noch vor dem II. Weltkrieg erschienen war. Ich wurde überhäuft mit Büchern und habe alles gelesen, was mir in die Hände fiel. Ich hatte auch einige "Erfahrungen" von Stille und Weite, die ich damals gar nicht einordnen konnte. Sie waren so angenehm, dass ich solche "Erlebnisse" gerne erneut gehabt hätte, was jedoch leider nicht der Fall war.
Einige Jahre praktizierte ich intensiv Hatha Yoga und Pranayama, Atem-Übungen, alles durch Büchern erlernt. Aber das war es auch nicht. Dann machte ich durch Autogenes Training interessante Erfahrungen.
Nur eines konnte ich bisher nicht – meditieren. Dies blieb das große Geheimnis. Niemand konnte mir sagen, was dies genau war, und wie ich es erlernen konnte.
Meine beste Freundin war, genau wie ich, auf der Suche, und wir kamen beide nicht wirklich weiter. Sie war Ärztin und als sie mir sagte, dass sie vegetarisch lebe, war ich sehr erstaunt und fragte – ja, kann man so überhaupt überleben? So aufgeklärt war ich damals, und das mit mittlerweile 31 Jahren! Daraufhin habe ich meine Ernährung sofort umgestellt. Fleisch schmeckte mir schon immer, dass dafür aber Tiere sterben mussten – dies habe ich nicht mehr eingesehen. Schon als Kind litt ich sehr darunter, wenn ich hörte, dass Tiere geschlachtet wurden.
Es ging weiter mit der Frage, Meditation – ja, aber wie? Darauf fand ich noch immer keine Antwort. Dann hatte ich eine "Vision", die wie ein Wink war. In einem Büchlein von Annie Besant fand ich eine Anleitung, die mir machbar erschien. Ich setzte mich hin. Zuerst solltest du Liebe fühlen für dich selbst, dann für die Nächsten, deine Kinder, die Familie, Freunde, deine Stadt, dein Land, die Welt, das Universum (darunter konnte ich mir auch noch etwas vorstellen) und Gott (!!!). Als ich bei Gott angelangt war, wusste ich nicht so recht, was das ist – aber ich wusste, wie sich Liebe anfühlt, also habe ich es versucht. Und nach einer recht kurzen Zeit gab es eine Antwort auf "meine Liebe". Deshalb machte ich weiter und bin in etwas hineingewachsen, dass mir irgendwann eine Nummer zu groß wurde. Deshalb suchte ich nach einer Gruppe, mit der ich gemeinsam meditieren konnte, und somit Gleichgesinnte haben würde.
Inzwischen hatte ich heraus gefunden, dass ich einen Lehrer in der "inneren Welt" hatte, der mir hin und wieder in meinen Träumen erschien und mir Botschaften oder Zeichen gab. Das war mir jedoch nicht mehr genug, denn nach drei Jahren, meditierte ich immer noch ganz alleine, ohne Kommunikation und Austausch mit anderen. Ich suchte nicht nach einem spirituellen Lehrer oder Meister in der äußeren Welt, der mir – einem "erwachsenen Menschen" - sagen würde, was ich tun oder lassen sollte. Ich hatte ja einen Lehrer, und somit Führung, in der inneren Welt.
Es kam das Jahr 1989 und damit die Wende. Es gelang mir Rumänien zu verlassen. Im Juni 1990 bin ich in Freiburg angekommen, und fragte während der "Aufnahmeprozedur" bei den Ämtern immer wieder nach Meditationsmöglichkeiten. Sehr zur großen Überraschung der Beamten, die damit gar nichts anfangen konnten, und mich sogar davor warnten. Ich solle bloß vorsichtig sein!
Meditation, spirituellen Anschluss zu finden, war mir das wichtigste. Im Juli entdeckte ich an einer Straßenlaterne in der Fußgängerzone von Freiburg einen kleinen Zettel mit einer Einladung zur Meditation und zu einem Vortrag über Bhakti Yoga, dem Yoga der Hingabe, und Raja Yoga.
Den Vortrag über Bhakti Yoga gab Divaspati vom Sri-Chinmoy-Meditationszentrum in Freiburg. An jenem Abend waren wir nur zu dritt. Der Vortrag war recht kurz und anschließend konnten wir Fragen stellen. Darauf hatte ich gewartet. Und ich stellte viele Fragen. Um ein Uhr nachts saßen wir noch immer zusammen. Ich war zufrieden. Das war es! Diese Leute taten genau das, was ich bisher auch getan hatte, das war gut. Also wollte ich gleich zur Gruppenmeditation kommen, aber der Vortragende sagte: "Nicht sofort." "Warum", fragte ich?
Die Antwort: "Wir haben da einen spirituellen Meister in New York." Uppsss – einen Meister suchte ich ja gar nicht, aber okay, New York war weit weg … und die Schüler wurden von ihm persönlich angenommen. "Na ja, gut, wenn es sein musste, dann bitte tue ich es eben, natürlich gleich zusammen mit meinen Kindern", dachte ich.
Zum Ausklang des Abends kaufte ich ein Buch mit dem Titel "Meditation" von Sri Chinmoy. Wenn er mein spiritueller Meister werden sollte, dann wollte ich doch auch wissen, was er so schrieb. Vor dem Kauf blätterte ich durch das Buch und dachte: "Ja, das sagen alle anderen auch ... gut."
Eines Nachmittags, vielleicht zwei, drei Wochen später, kramte ich das Buch hervor, um es mir etwas genauer anzuschauen. Und da stieß ich auf das Transzendentale Bild von Sri Chinmoy, das mir bis dahin noch gar nicht aufgefallen war. Mir wurde ganz anders. Das Foto, welches Sri Chinmoy in einer sehr hohen Meditation zeigte, strahlte so viel vibrierendes Licht aus. Ich verschmolz förmlich damit, und ich erkannte darin "meinen Meister" aus der "inneren Welt".
Ich wollte gleich, jetzt, der Meditationsgruppe beitreten. Das ging nicht, aber ich konnte zumindest an Singabenden teilnehmen. Anfänglich klangen die Lieder ungewöhnlich für meine, in der klassischen Musik geschulten, Ohren. Aber nach zwei Wochen fand ich sie unglaublich schön, von einer eigenen Harmonie und Lieblichkeit.
Ende August, es war ein sehr warmer Sommer, gegen Mitternacht, meditierte ich in meinem Etagenbett und hatte eine wunderbare Erfahrung. Ich fühlte "Energie" entlang der Wirbelsäule hochsteigen. Bis dahin war diese meist auf der Höhe des Herzens stehen geblieben und von dort wieder herab gesunken. An jenem Abend jedoch stieg sie weiter empor, angenehm, sanft, bis zum Scheitelchakra. Dort floss sie wie aus einem Springbrunnen heraus und hüllte alles in ein goldenes, flimmerndes Licht aus Liebe. "Herrlich, so sollte es sein", sagte ich zu mir.
Das war eine einmalige Erfahrung, von der ich lange zehrte. Später erfuhr ich, dass Sri Chinmoy seine neuen Schüler Ende August angenommen hatte - und ich war einer von ihnen gewesen, zusammen mit meinen Kindern.
Danach hat die Arbeit begonnen. Sri Chinmoy hat mich innerlich beharrlich immer wieder zwei, drei Schritte weiter geführt und ich bin genauso beharrlich immer wieder zwei, drei Schritte zurück gegangen. Ich war zäh wie Kautschuk, und das über viele Jahre hinweg. Doch langsam und stetig hat sich alles in mir verändert.
Das Leben hat heute für mich seine bleierne Schwere verloren und ist spielerisch leicht geworden. Dafür bin ich meinem spirituellen Lehrer Sri Chinmoy sehr, sehr dankbar!
Elfi Falcoianu, Heidelberg