Ich gehe in den Himalaya, von Rosemarie Schriefl
Es ist soweit. Ich bin am Ende meiner Kräfte. Mein Entschluss steht fest. Ich gehe – ich gehe in eine Höhle im Himalaya und der Rest der Welt soll mich vergessen. Verwitwet, allein erziehend, vier Mädels, die alle manchmal sehr anstrengend sind, überhaupt in der Pubertät – uff. Aus tiefsten Herzen schicke ich mein Gebet zum Himmel. Bitte Hilfe, i kann nimma und i mag nimma. Mein Lebensweg war sehr steinig, aber ich habe immer die wunderschönen Blumen am Wegesrand gesehen und beachtet, war ständig auf der Suche, ging durch sämtliche Religionen, die Kinder im Schlepptau - immer bemüht, ihnen das Richtige zu zeigen und vor zu leben.
Ein ständiger Überlebenskampf, da ich halbtags arbeiten ging, weil es mir wichtig ist, die Erziehung meiner Mädels selbst zu übernehmen und nicht irgend einer Tante im Kindergarten oder Schule zu überlassen.
Jetzt gehe ich auf der Mariahilferstrasse (Maria hilf!) in Gedanken versunken. Ein letztes Mal und dann ab zum Himalaya. Der gute Duft lockt mich in ein Geschäft. Und… da ist es: Mein Buch. Das Buch über "Meditation" (muss ich ja jetzt lernen in der Höhle …) mit einem Mann namens Sri Chinmoy auf dem Titelbild, der mir so weich und vertraut vorkommt. "Danke und auf Wiedersehen" sagt die Kassiererin. Ich denke mir, ja, wenn sie in meine Höhle am Himalaya kommt, dann sehen wir uns wieder. Kaum bin ich aus dem Laden raus, wartet die nächste Überraschung auf mich. Ein Poster mit dem Angebot für einen kostenlosen Meditationskurs. Beginn: Morgen.
Naja, der Himalaya kann auch noch einen Tag warten, oder? Ich hatte diese Poster schon öfters registriert, aber entweder die Adresse vergessen, ectera. Aber nicht diesmal. Ich freue mich wie ein kleines Kind auf Weihnachten um zu diesem Kurs zu kommen.
Heute ist "morgen", endlich abends, endlich Kursbeginn. Ich betrete den Kursraum, fühle eine Vertrautheit – so als ob ich heimgekommen wäre und als der Kursleiter, ein Schüler von Sri Chinmoy. mit seinem Vortrag beginnt, ist es, als ob er in meiner Seele wie in einem offenen Buch liest. Es ist unglaublich. Am zweiten Kursabend (ich bin noch immer nicht im Himalaya) sitzen wir bis ein Uhr nachts und führen tiefe Gespräche. Das liegt nun mehr als 8 Jahre zurück und ich habe den Frieden und das Glücklichsein, das ich in meiner Höhle am Himalaya zu finden hoffte, hier in mir gefunden.
Es gibt noch viele spannende und aufregende Erlebnisse, die ich hier im Sri-Chinmoy-Zentrum erlebte, aber das ist eine andere Geschichte.
Rosemarie Schriefl, Wien im Juni 2009