Sri Chinmoys überwältigende Liebe, von Indivar Stolba, Wien
Als Kind wurde ich römisch-katholisch erzogen und ich besuchte eine Klostervolksschule, was meinen natürlichen Glauben an Gott stärkte. Leider beschränkte sich die Spiritualität in meiner Familie auf die sonntäglichen Messbesuche, aber wir beteten nie gemeinsam zu Hause. Während meiner Jugend und Studienzeit wurden andere Dinge für mich wichtiger als Spiritualität. Außerdem hatte ich im Rahmen der Kirche keine Antworten auf die großen Fragen des Lebens gefunden, die meinen forschenden und suchenden Verstand befriedigt hätten.
Als ich mein Studium abschloss, kam jedoch mein ältester Bruder unter tragischen Umständen ums Leben und in weiterer Folge begann ich mich wieder spirituellen Fragen zuzuwenden. Es sollte jedoch noch einige Zeit dauern, bis ich meinen Meister Sri Chinmoy fand.
Zunächst begann ich mich für östliche Philosophie und Religionen, für Sufismus und auch für christliche Mystik zu interessieren. Eine Freundin, die auch meinem Bruder nahe gestanden hatte, wurde einige Zeit vor seinem Tod Schülerin eines Sufimeisters in Jerusalem. Ihr Mann und sie versuchten mich mit einer spirituellen Sichtweise von Leben und Tod zu trösten, wofür ich zunächst nicht offen war. Sie sagten mir, dass sie für meinen Bruder beten würden, und vielleicht taten sie das auch für mich. Um Weihnachten 1988 begann ich jedenfalls ernsthaft daran zu denken, ebenfalls diesen Meister aufzusuchen, aber in meinem Innersten fühlte ich, dass dieser Meister nicht für mich bestimmt war.
Im Jänner 1989 sah ich jedoch ein Poster für eine Vortragsreihe mit dem Titel „Das innere Feuer“, die Aditya, ein Schüler von Sri Chinmoy, an der Universität Wien abhielt. Das Thema sprach mich sehr an und die Vorträge waren sehr interessant. Eines Abends erlebte ich etwas, das nicht nur meinen Verstand, sondern auch mein Herz überzeugte. Ich ging nach dem Vortrag zu Aditya, um ihm eine Frage zu stellen. Plötzlich sah ich einen kurzen Augenblick lang Licht aus der Tiefe seiner Augen und Seele aufleuchten, ohne dass es ihm bewusst war – heute weiß ich, dass mich Sri Chinmoys Licht rief. Als ich dieses starke Aufleuchten, dieses innere Licht und innere Feuer in Adityas Augen sah, wusste ich, dass das, was er erzählte, nicht nur reine Theorie war und dass er einen authentischen, ernsthaften spirituellen Weg beschreiten musste. Ich war jedoch noch nicht gänzlich davon überzeugt, dass dieser Weg auch für mich passte, aber ich besuchte in weiterer Folge den Meditationskurs, den Aditya und später Ishita hielten. Wie vermutlich wir alle musste ich noch einige innere und äußere Hindernisse überwinden.
An einem Abend des Meditationskurses hob Aditya hervor, dass spirituelle Meister nur deshalb auf die Erde kamen, um der Menschheit und Suchern selbstlos zu helfen. Er schlug vor, uns auf das Transzendental - ein Foto von Sri Chinmoy in sehr hoher Meditation, in der er ein reiner Kanal für Göttliche wurde - zu konzentrieren, dem Meister ein beliebiges Problem zu übergeben und ihn innerlich um Hilfe zu bitten. Zwei Jahre lang hatte ich bereits versucht, mir das Rauchen abzugewöhnen, aber nach einem halben Jahr erfolgreicher Abstinenz fing ich wieder gelegentlich zu rauchen an und ab diesem Zeitpunkt war es ein ständiges Hin und Her. Daher ersuchte ich Sri Chinmoy um Hilfe in dieser Angelegenheit. Eines Abends nach dem Meditationskurs überkam mich plötzlich ein starkes Verlangen zu Rauchen. Ich kaufte mir eine Schachtel Zigaretten und rauchte gierig ein paar innerhalb kurzer Zeit an der frischen Luft. Da ich bereits regelmäßig meine Meditationsübungen machte, war ich so schlau, meine Wohnung nicht mehr zu verqualmen. Als ich nach Hause kam und am Schrein vorbeiging, wurde mir plötzlich schlecht und mir blieb die ganze Nacht lang furchtbar übel. Aber seit dieser unangenehmen Nacht habe ich nicht mehr das geringste Verlangen nach Zigaretten. So spürte ich das erste Mal am eigenen Leib, was Sri Chinmoys Gnade und Hilfe bewirken kann.
Ich hatte auch das große Glück, dass Sri Chinmoy im April 1989 nach Wien kam, während ich noch den Meditationskurs besuchte. Als ich Sri Chinmoy zum ersten Mal bei einem Vortrag (mit kleinem Konzert) an der Universität sah, beeindruckten mich sofort seine göttliche Autorität und Wahrhaftigkeit. Ich fühlte auch sehr stark, dass Sri Chinmoy jemand war, dem man hundertprozentig vertrauen und auf den man sich hundertprozentig verlassen konnte, was sehr selten und sehr wertvoll ist auf dieser Welt. Am selben Abend, am 1. April, gab er ein Konzert in der Kurhalle Oberlaa, das mir auch gut gefiel, besonders seine unkonventionellen Klavierimprovisationen beeindruckten mich sehr. Das Highlight war jedoch unbestritten die persönliche Begegnung mit Sri Chinmoy. Damals lud er üblicherweise alle interessierten Sucher nach dem Konzert zu einem Walk Past ein, um kurz mit ihm zu meditieren. Als ich mich Sri Chinmoy näherte, kam meine Seele und meine Demut zum Vorschein und ich fühlte Sri Chinmoys überwältigende Liebe, Göttlichkeit und Höhe. Als sich schließlich meine Augen mit seinen lichtüberfluteten, mitleidsvollen Augen trafen, wusste ich, dass er mein Meister war und das ich dazu bestimmt war, seine Schülerin zu werden. Obwohl ich mein Bild erst nach dem Konzert abgab, zähle ich stets den 1. April als mein Annahmedatum und Schüler-Jubiläum.
Indivar Stolba, Wien