Ausgetrickst, von Aranyani Smith aus New York
Im Jahr 1973 besuchte ich öffentliche Meditationen, die Sri Chinmoy an der Universität von New York abhielt. Obwohl ich regelmäßig am Samstagabend hinging, hatte ich zu jener Zeit zu Sri Chinmoy keine besondere Beziehung. Ich war sechzehn und in der Abschlussklasse der High School. Ich hatte die Absicht, nach der Prüfung nach Kalifornien zu gehen. Ich war an nichts Langfristigem interessiert, nichts, was mich in New York festhalten würde. Ebenso wenig war ich daran interessiert, Sri Chinmoys Schülerin zu werden.
Als Sri Chinmoy nach einer Meditationsveranstaltung im Gehen begriffen war, sagte er: "Diejenigen, die mehr über unseren Weg erfahren möchten, mögen bitte nach vorne kommen und diesem jungen Mann ihren Namen geben." Zu jener Zeit gab es nur sehr wenig Bücher von Sri Chinmoy, zum größten Teil handelte es sich dabei um Mitschriften von Vorträgen, die er gehalten hatte. Ich dachte, ich könne so eine Broschüre mit mehr Information über Sri Chinmoy und seine Philosophie erhalten und gab meinen Namen, ohne mir weiter Gedanken zu machen.
Ein paar Tage später erhielt ich einen Anruf von jenem Mann. Die Verbindung war nicht besonders gut und er sprach sehr leise, so dass ich kaum hören konnte, was er sagte. Schließlich habe ich es dann doch verstanden. Er sagte, Sri Chinmoy würde mich zu jenem Zeitpunkt noch nicht als Schüler annehmen, mich aber ermutigen, weiterhin die Meditationen zu besuchen. Ich war vollkommen verwirrt! Ich wollte nicht Sri Chinmoys Schülerin werden; wie hatte man nur auf diese Idee kommen können! Ich sagte nichts und legte auf.
Am Samstag ging ich dann wie gewöhnlich zur Meditation. Als die Meditation zur Hälfte um war, nahm Sri Chinmoy einen Zettel von seinem Beistelltisch. Unwillkürlich begann mein Herz wie wild zu schlagen und ich bekam Angst. Ich sagte zu mir: "Er wird mich nach vorne rufen, ich will aber nicht vorgehen." Ich kauerte auf meinem Stuhl. Einige Sekunden später sagte Sri Chinmoy: "Wenn ich euren Namen sage, dann kommt bitte nach vorne." Mein Name wurde ausgesprochen und irgendwie schaffte ich es bis zur Bühne. Wir waren eine kleine Gruppe von ungefähr acht Leuten. Sri Chinmoy weihte uns auf traditionelle Weise ein. Er segnete jeden von uns und überreichte jedem eine Rose. Das Sri-Chinmoy-Zentrum von Manhattan war geboren.
Im nachhinein erkannte ich, dass einige aus der Gruppe bereits im voraus wussten, dass Sri Chinmoy sie an jenem Abend als seine Schüler annehmen würde. Die langen Haare und der Bart waren ab und einige Männer trugen weiße Kleidung. Da wurde mir klar, wie gut Sri Chinmoy mich kannte. Hätte mir der junge Mann am Telefon gesagt, dass Sri Chinmoy mich an jenem Samstagabend als Schülerin annehmen würde, wäre ich niemals hingegangen. Ich hätte kein spirituelles Leben in New York begonnen, da ich ja die Absicht hatte, diese Stadt in Kürze zu verlassen.
Sri Chinmoy wusste, dass ich nur dann sein Schüler werden konnte, wenn er mir sagte, dass er mich nicht als seinen Schüler akzeptieren würde. Er hat mich ausgetrickst und dafür bin ich auf immer und ewig dankbar.
Aranyani Smith, New York