Vermisst du jemals Indien?, von Prakhara, Atlanta, USA
Ich wollte mich nicht wirklich auf einen einzigen Weg konzentrieren, da ich die Erfahrung genoss, jeden Abend eine andere spirituelle Gruppe aufzusuchen. Auch träumte ich davon, nach Indien zurückzukehren, das ich ein Jahr zuvor bereist hatte.
Dann kam der spirituelle Meister Sri Chinmoy nach Santa Barbara, Kalifornien, wo ich lebte, um eine öffentliche Meditation abzuhalten. Es war sehr schön und im Anschluss besuchte ich eine Kunstgalerie, in der sich Sri Chinmoy und seine Schüler aus Santa Barbara, San Francisco und Los Angeles trafen. Eine der Frauen fragte mich, ob ich Schülerin von Sri Chinmoy werden wolle, und ich erwiderte, vielleicht daran interessiert zu sein. Es war ein sehr zwangloser Augenblick und ich hatte es gewiss nicht ernsthaft in Erwägung gezogen.
Am gleichen Tag bot Sri Chinmoy auch eine Meditation in Los Angeles an. Aus diesem Grund machten sich seine Meditationsschüler auf den Weg, um die zweistündige Autofahrt Richtung Süden zurückzulegen. Irgend jemand lud mich ein mitzukommen und ich entschied mich, den Tross zu begleiten. Sri Chinmoy saß in seinem Auto und einige Schüler standen auf dem Bürgersteig, um seine Abfahrt zu beobachten. Ohne mein Wissen erzählte eine Schülerin, die hinter Sri Chinmoy im Auto saß, dass eine Frau Interesse daran bekundet habe, seinem Weg zu folgen. Sri Chinmoy deutete auf mich auf dem Bürgersteig (ich sah, wie er auf mich zeigte) und fragte, ob ich diese Frau sei. Sie bejahte und Sri Chinmoy erwiderte, dass ich bereits seine Schülerin sei. Die Schülerin hinter ihm war ganz begeistert und wollte aus dem Auto steigen, um mir dies unverzüglich mitzuteilen. Sri Chinmoy jedoch bat sie, mich noch etwas warten zu lassen.
Auch die Meditation in Los Angeles war sehr schön und ich wurde interessierter, Schülerin zu werden. Aber im Anschluss gab es, im Gegensatz zu Santa Barbara, keine Einladung an Sucher. Nach einer kurzen Folgeveranstaltung ging es hinaus auf die Straße, wo Sri Chinmoy in seinem Auto saß, um Richtung Flughafen aufzubrechen. In mir stieg das Gefühl auf, dass dies nun vielleicht doch nicht der richtige Zeitpunkt sein könnte, als eine Schülerin aus Sri Chinmoys Auto stieg und auf mich zukam. Sie sagte: "Sri Chinmoy möchte wissen, ob du seine Schülerin werden willst." Ich erwiderte: "Sicher, einverstanden, weshalb nicht?" oder etwas ähnliches. Im Grunde war es wieder ziemlich oberflächlich. Sie sagte: "Nein, du musst es ernst meinen. Möchtest du seine Schülerin werden oder nicht?" Deshalb erwiderte ich sehr entschieden: "Ja".
Jetzt fühlte ich mich sehr beschwingt. Erstens hatte ich die ganze Woche gefastet, und zweitens hatten mir die Tagesaktivitäten ziemliches Kopfweh beschert. Als ich jedoch sagte: "Ja, ich möchte Schülerin werden", verschwand der Kopfschmerz plötzlich. Aus diesem Grund empfand ich es nur als angebracht, mich bei Sri Chinmoy dafür zu bedanken, seine Schülerin sein zu dürfen. Ich marschierte geradewegs zu seinem heruntergelassenen Autofenster und dankte ihm. Doch dort verweilte nicht lange, denn die Männer, die sich um seine Sicherheit kümmerten, schoben mich unverzüglich zur Seite.
Kurze Zeit später erkannte ich, dass alles hatte so sein sollen. Ich erinnerte mich, dass ich zusammen mit einer Freundin bei meiner Ankunft in Santa Barbara, ein paar Monate bevor ich Sri Chinmoy getroffen hatte, nach einer Bleibe gesucht hatte. Wir hatten das Sri-Chinmoy-Zentrum in einem Buch aufgelistet gesehen und erkundigten uns, ob sie Gäste aufnehmen würden. Natürlich teilte man uns mit, dass so etwas nicht in ihren Bereich falle. Dies geschah an meinem Geburtstag, dem 22. August, und ich war ganz entzückt, dass die Adresse des Sri-Chinmoy-Zentrums 822 Orange Avenue lautete.
Obwohl ich als Schülerin Sri Chinmoys angenommen worden war, wollte ich noch immer zurück nach Indien gehen. Dies schien auch besonders passend zu sein, denn ich hatte erfahren, dass Sri Chinmoy im Sri Aurobindo Ashram gelebt hatte. Dies war genau jener Ort, dem ich vor etwas über einem Jahr einen Besuch abgestattet hatte. Einen Monat später befand ich mich auf der Reise nach Pondicherry über New York. Das Sri-Aurobindo-Zentrum in Los Angeles hatte mir einen Diaprojektor mitgegeben, um ihn dem Ashram zu überreichen. Deshalb hatte ich eine wirkliche Mission zu erfüllen und war sehr erfreut darüber, dorthin zurückzukehren. Ich hatte mir vorgenommen, einige Tage in New York zu bleiben, bevor ich weiterfliegen würde. Sri Chinmoy hielt eine Meditation in der All-Angels-Kirche in Manhattan und etwas sehr Merkwürdiges ereignete sich dort. Dulal, der Präsident des New Yorker Sri-Chinmoy-Zentrums, las als Programmpunkt aus einem Buch Sri Chinmoys vor. Es handelte sich dabei um eine Frage an Sri Chinmoy: "Vermisst du jemals Indien?" Dulal las die Antwort, die etwa wie folgt lautete: "Nein, weil mein Herz meine Heimat ist. Ich kann überall zu Hause sein." In diesem Augenblick wurde mir bewusst, dass ich nicht nach Indien gehen brauchte und dass ich nicht nach Indien gehen sollte! Glücklicherweise war es mir möglich, meinen Flug zu stornieren und den Diaprojektor jemand anderem mitzugeben.
Ein paar Jahre später bekam ich eine sogar noch eindrucksvollere Bestätigung, dass ich richtig gehandelt hatte, mich auf Sri Chinmoy spirituellen Weg zu begeben. Wir waren alle anlässlich der August-Feierlichkeiten, bei denen alljährlich Sri Chinmoys Schüler aus aller Welt zusammenkommen, auf einer Veranstaltung in Connecticut versammelt, auf der abends eine Dia-Show gezeigt wurde. Ein junger Mann war auf der Leinwand zu erkennen und der Vorführende erklärte, dass dies der Sohn Norman Dowsetts sei. Ich konnte es kaum glauben, weil ich Norman Dowsett während meines Aufenthalts im Sri Aurobindo Ashram getroffen hatte. Tatsächlich dachte ich damals sogar, dass er mein spiritueller Lehrer sein könnte. Er war die erste Person, die jemals mit mir über das spirituelle Leben gesprochen hatte, und ich fühlte mich so sehr mit ihm in Einklang. In einer Nacht blieben meine Freundin und ich bis um 2 Uhr in der Früh auf, um mit ihm zu sprechen und ihm Fragen zu stellen. Norman Dowsett war ein sehr besonderer Mensch. Er war Sri Chinmoys Englischlehrer im Ashram.
Wie sehr, sehr dankbar ich doch bin, dass mir das Leben die richtige Richtung gewiesen hat.
Prakhara, Atlanta, USA