Bewusstseinsgefühl, von Mohan Bachmann
Jeder von uns hat seine ganz eigene Geschichte und diese ist auch ganz speziell für jeden kreiert worden. Meine fing an rund 18 Jahre bevor ich meinen Guru Sri Chinmoy traf. Ich war gerade 13 Jahre alt, als meine meine Mutter nach sechseinhalb Jahren Krankenhaus im Dezember 1971 an Krebs starb. Hier wurde mir das erste Mal bewusst, dass bei mir scheinbar etwas anders ist, als beim Rest meiner Verwandtschaft.
Rückblick: Wann immer ich bei meiner Mutter körperlich anwesend war, war Sie mir nicht so nahe, als wenn ich nicht mit Ihr zusammen war. Ich dachte damals, dass das ganz normal sei!? Doch bei der Beerdigung verstand ich die Welt nicht mehr, alle heulten und jammerten. Das einzige, was sich für mich verändert hat, war, dass meine Mutter nicht mehr diesen körperlichen Qualen ausgesetzt war und ihr Körper jetzt im Sarg lag. Sie selbst war aber genau so bei mir wie zuvor. Als ich damals versuchte, darüber zu sprechen, wollten sie mich zum Psychiater schicken.
Im Februar 1972 hatte ich meine erste todesnahe Erfahrung, bei der ich etwas hinter den Vorhang gucken durfte. Hier wie soll ich sagen, trat ich in ein Bewusstseinsgefühl ein, von dem ich anschließend wusste, dass es möglich sein sollte, ständig in ihm zu leben, ja sogar, erst wenn ich ständig in diesem Bewusstseinsgefühl aufhalte, beginnt das Leben erst richtig. Gleichzeitig bekam ich eine sehr starke Ahnung davon, wer oder was ich bin und was der Sinn des Lebens ist.
Dieses Erlebnis führte dazu, dass ich mich auf die Suche machte, dieses "Bewusstseinsgefühl" wieder zu finden. Ich suchte es im äußeren Leben, was mir aber natürlich nicht gelang. Das führte dazu, dass mein Leben immer extremer wurde, denn immer nur wenn eine Menge Adrenalin in meinem Körper zirkulierte oder mein Stolz und mein eingebildetes Selbstbewusstsein sich übermäßig aufbliesen, verspürte ich einen Hauch dieser Erfüllung und Zufriedenheit für einen Bruchteil einer Sekunde. Dies zerplatze natürlich im nächsten Moment wieder. Diese Situation machte mich recht fertig, denn scheinbar hatte ich alles, was man sich so wünscht: echte Freunde, Hobbys, Traumjob, Geld, Gesundheit. Nur war ich nicht glücklich. Ich wusste, dass ich dieses "Bewusstseinsgefühl“ brauche, um glücklich zu werden. Ich suchte es verzweifelt in der äußeren Welt, aber ich fand es dort nicht. Ich hatte mich nie mit Yoga oder Meditation beschäftigt, ja es kam mir gar nicht in den Sinn. Allerdings schaute ich mir so alle 1-3 Wochen mein Leben an, um die Erfahrungen des Erlebten in mein Leben zu integrieren.
Dies führte unbeabsichtigt dazu, dass sich in mir eine Lebensphilosophie entwickelte. Damals fand ich aber niemanden, mit dem ich diese Lebensphilosophie teilen konnte. Durch die "todesnahe Erfahrung" bekam ich einen recht guten Zugang zu den Bereichen nach dem Tod, mit denen ich mich dann auch intensiver beschäftigte. Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass es den Tod (im normalen Sinne) für mich nie gab. Für mich war und ist dieses Leben ein Zeitabschnitt von etwas Größerem.
Nach vielen Jahren, es war im August 1989, sah ich ein Plakat "Tod und Wiedergeburt". Ich besuchte noch am gleichen Abend diesen Vortrag. Da kam ich aus dem Staunen nicht mehr raus, denn was der Vortragende erzählte, deckte sich bis auf den Punkt genau mit meiner Lebensphilosophie. Nach dem Vortrag bot dieser Vortragende ab September einen Meditationskurs an. Ich ging hin und hatte sofort bei der ersten Übung (Kerze im Herzen) ein Highlight - ich tauchte in dieses "Bewusstseinsgefühl" ein und das nicht nur für eine flüchtige Sekunde sondern es hielt Stunden an. Ich war durchdrungen von Freude und war unendlich glücklich, denn ich hatte endlich das wieder gefunden, was ich doch viele Jahre verzweifelt suchte.
Ab diesem Zeitpunkt war mir klar, dass alles was ich bis dahin gemacht hatte, zu mindestens teilweise, gut, schön und wichtig war, mir aber nicht im geringsten das geben konnte, was mir diese kleine meditative Übung bekam. Somit war für mich klar, dass ich den Rest meines Lebens der Meditation - dem spirituellen Leben widmen werde.
Als ich damals das erste Mal in die Räume des Sri Chinmoy Centers Nürnberg kam, hatte ich sofort das Gefühl, dass ich hier zu Hause bin. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt noch absolut nichts über Sri Chinmoy und seine Lehre.
Am ersten Kursabend waren wir 13 Leute, am zweiten Kursabend waren wir noch 3 Leute und am dritten Kursabend war ich der einzige Teilnehmer.
Pragya, die an diesen Abend den Kurs hielt, lud mich für den Samstag zum Video gucken ein. An diesem Samstag erfuhr ich dann auch, dass mein Kurs zu Ende ist.
Pragya fragte mich, ob ich nicht Sri Chinmoy ein Bild von mir geben wollte und Ihn fragen will, ob ich sein Schüler werden kann. Für mich war dies aber zu diesem Zeitpunkt schon längst geklärt. Aber gut, wenn dies der Weg ist, um offiziell Schüler zu werden auch gut. Sri Chinmoy nahm mich als seinen Schüler an.
2-3 Monate später zeigte mir Sri Chinmoy innerlich, wie er mich mein ganzes Leben lang schon geführt und beschützt hat. Ich beschreibe es immer so: Der Vater geht mit seinem Sohn in den Tiergarten und zeigt Ihm die verschiedenen Tiere. Schau das sind die Affen - siehst du, schau das die Elefanten - siehst du, ...Löwen - siehst du, usw. Auf so eine Weise, hat mir Sri Chinmoy das äußere Leben gezeigt, in dem ich erstmal so ziemlich alles ausprobierte, was es da so gab.
Seitdem sind nun schon 19 Jahre vergangen und dieses "Bewusstseinsgefühl", das sich ständig transzendiert und verstärkt, ist ein fester Bestandteil meines Lebens geworden.
Mohan Bachmann, Nürnberg