Östliche Weisheit und westliche Dynamik, von Tapaswini Brigitte Voelckner

Ich heiße Tapaswini Brigitte Voelckner, bin 1947 geboren und arbeite Teilzeit in den Unternehmen meiner Tochter bzw. eines Freundes. Ich bin eine sehr aktive Frau, die keine Arbeit scheut und gerne Sport treibt.

Im christlichen Glauben aufgewachsen ging ich bis zu meiner Konfirmation gerne in die Kirche, hab mir jedoch wenig Gedanken über den „Glauben“ gemacht. Doch dann kamen die „kritischen“ Jahre und ich sah überall nur „Scheinheiligkeit“ und kein wirkliches Leben nach den Geboten und Glaubenssätzen. Erst durch meinen Mann fand ich wieder Interesse an religiösen und spirituellen Themen.

Porträt Brigitte Voelckner

Durch unsere erste Tochter wurden wir gezwungen uns noch mehr mit dem Thema auseinander zu setzen, da sie sich im Kindergarten nicht so richtig integrieren wollte oder konnte, wie das im Normalfall üblich ist.

Wir begannen mit Hatha-Yoga und autogenem Training und unser Interesse an einer bewussten Lebensweise wurde immer größer. Wir wurden Vegetarier, lasen viel, gingen zu den verschiedensten Vorträgen, Kursen und Seminaren und nachdem wir 1979/1980 in kurzen Zeit 4 x auf Berichte über Sri Chinmoy stießen, machte uns das sehr neugierig. Schon bald fuhren wir jede Woche nach Augsburg, wo sich ein kleines Mediationszentrum mit Schülern Sri Chinmoys befand.

Diese Gruppe strahlte „Echtheit“ aus und versuchte das zu leben, was der Lehrer empfahl.
Schon bald merkten wir, dass Sri Chinmoy ein Meister war, der nicht nur schöne Dinge sagte, sondern auch selbst aktiv im Leben unserer westlichen Welt stand. Sein Wunsch war es, die östliche Weisheit in die westliche Dynamik zu integrieren - eine wunderbare Symbiose.

Durch die Auseinandersetzung mit den Lehren Sri Chinmoys änderte sich schon recht bald unser Leben. Wir begannen Sport zu machen - zu laufen (der Körper sollte ein gesundes Haus für die Seele sein). Wir sprachen täglich über spirituelle Dinge und wie wir sie im Tagesgeschehen leben können. Durch unsere 3 Kinder und unser Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern hatten wir täglich genügend Feedback, wie wir „drauf“ waren.

Wir begannen zu meditieren, lernten uns immer mehr positiv auszurichten, das Gute in den Menschen zu sehen und liebevoll miteinander umzugehen. Das Schöne an einer Partnerschaft ist, dass man, wenn man ehrlich ist, sich gegenseitig auf weniger Gutes aufmerksam machen kann und dadurch der Lerneffekt noch viel größer ist.

Ein Punkt in der Lehre Sri Chinmoys ist das „selbstlose Dienen“. Für mich war das ein ganz wichtiger Punkt, den ich unbedingt bewusst leben wollte - so wie es meine Mutter letztlich immer getan hat - sowohl in der Familie wie im Unternehmen oder im Meditationszentrum. Noch heute macht es mir sehr viel Freude, wenn ich sehe, dass jemand Hilfe braucht und ich einfach dienen darf.

Sri Chinmoy war vor allem immer ein Vorbild für mich in Richtung Aktivität. Obwohl er nicht mehr Laufen konnte, gab er nicht auf, sondern begann noch im hohen Alter mit Gewichtheben in allen möglichen Varianten und versuchte stets, seine Grenzen zu brechen.

Auch ich mache nach wie vor jeden Tag Sport (laufen, walken, Radfahren) um meinen Körper fit zu halten. Im Frühjahr d.J. schaffte ich es bei einem 12-Stunden-Gehen auf den dritten Platz - eine wunderbare Erfahrung mit sehr viel Freude während des ganzen Laufes und noch heute, wenn ich daran denke.

Ich lernte auch von Sri Chinmoy geduldiger mit mir und anderen zu werden. Er hat immer wieder daraufhin gewiesen, dass jeder neue Tag neue Chancen bietet, dass man es immer wieder versuchen kann. Da lernt man, Ehrgeiz aufzugeben und kommt viel mehr in den Fluss des Lebens. Und man bekommt dabei sooooo viel Freude - ganz nach
dem Motto Sri Chinmoys: „be happy“. Wenn man jeden Tag versucht, nach
diesem Motto zu leben, bekommt das Leben so viel mehr Qualität.

Ganz besonders beeindruckt hat mich auch immer wieder die unglaubliche Liebe Sri Chinmoys, mit der er jedem Menschen begegnet ist.
Es hat es geschafft, in allen das Herz, das Innerste „anzusprechen“ und das „Positive“ hervorzuholen. Seine Demut vor dem Göttlichen in jedem Menschen war einzigartig und hat mich immer wieder fasziniert.

Manchmal hatte ich das Gefühl, es eigentlich gar nicht wert zu sein, Schülerin dieses großartigen Meistern sein zu dürfen. Und wenn ich dann noch manchmal ein Extra-Lächeln oder einen Segenswunsch von Sri Chinmoy erhielt, wollte mein Herz fast zerreissen vor Freude.

Und da habe ich noch etwas von Sri Chinmoy gelernt: DANKBARKEIT. Jeden Augenblick versuche ich dankbar zu sein, für alles, was ich bisher in meinen Leben erfahren durfte und alles, was ich täglich erfahren darf; dafür, dass ich seine Schülerin sein durfte und mit so vielen lieben Menschen mein Leben teilen kann; dafür, dass ich arbeiten kann, zu Essen habe, eine schöne Wohnung mein Zuhause ist, und ich gesund bin - ein wunderbares Geschenk.

Sri Chinmoy sagte uns ja immer, dass das Göttliche in uns ist. Deshalb bete und hoffe ich, dass ich es eines Tages schaffen möge, mir dieser Göttlichkeit in jedem Augenblick bewusst zu sein, und ich es immer besser schaffe, alles im Leben liebevoll zu gestalten und anzunehmen.

„Herr, Dein Wille geschehe“.

B.Voelckner

München, 28.08.08